Ready for Restart?!
Noch vor wenigen Wochen und mit den ersten Lockerungen in der Corona-Krise hatte ich beständig die Melodie von Geier Sturzflug und die Textzeile „ja, ja, ja jetzt wird wieder in die Hände gespuckt…“ im Kopf. Eine gewisse Aufbruchstimmung lag spürbar in der Luft. Doch wie hat sich die Lage inzwischen tatsächlich entwickelt? Auch wenn manche Branchenbefragungen wieder erste optimistische Zeichen geben, geht der allgemeine Trend doch eher weiter nach unten. Zeit, sich die Frage zu stellen, ob man tatsächlich den Restart nach dem Lockdown geschafft hat oder ob es drastischerer Maßnahmen bedarf, um wieder in Schwung zu kommen.
Immer noch arbeiten viele Mitarbeiter nicht im „Regelbetrieb“. Viele Unternehmen haben Ihre Schichtmodelle gekürzt oder Kurzarbeit eingeführt, Mitarbeiter arbeiten vom Home-Office aus, Meetings finden weiterhin virtuell und online statt. Der Restart holpert eher, als den gewünschten „Wumms“ zu zeigen.
Gründe hierfür gibt es viele. Die notwendigen Hygienemaßnahmen, Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen erlauben in vielen Unternehmen bisher noch keine Rückkehr zu Vollschichten und Arbeiten am Firmenstandort. Zudem ist die Angst groß, dass bei einem Corona-Ausbruch im Unternehmen der gesamte Betrieb lahmgelegt wird.
Gleichzeitig hat sich manch ein Mitarbeiter – zu mindestens gefühlt – auch mit dem Home-Office inzwischen arrangiert und spätestens seitdem KiTas und Schulen wenigstens teilweise wieder funktionieren, ist das Arbeiten zu Hause für viele auch entspannter geworden. Aber, der soziale Kontakt zu den Kollegen und Vorgesetzten fehlt nach wie vor und bei so manch einem zeigen sich inzwischen auch die ersten gesundheitlichen Probleme. Wochenlang am Küchentisch sprich an einem ergonomisch ungeeigneten Arbeitsplatz zu sitzen, keinen ordentlichen Bildschirm oder Tastatur zur Verfügung zu haben geht auf Dauer nicht gut und führt im Zweifelsfall zu Rücken-, Gelenk- und Sehbeschwerden.
Auch wenn viele Unternehmen aktuell weniger oder gar keine neuen Stellen besetzen, gibt es auch viele Beispiele, in denen neue Mitarbeiter eingestellt wurden und nun ihren neuen Job im Unternehmen starten. Das Onboarding gestaltet sich dabei gar nicht so einfach, wenn alle Kollegen zu Hause sitzen und eine Einarbeitung nur eingeschränkt stattfinden kann.
Ein allgemein gültiges Rezept, wie sich der Restart in Anbetracht der genannten Punkte doch noch schwungvoller gestalten lassen kann, gibt es leider nicht. Einen Produktionsstandort oder ein Großraumbüro lässt sich nicht mal eben umgestalten und an neue Regeln anpassen. Sicherlich lässt sich vieles über die Veränderung von Prozessen verbessern, doch jahrelang gelebte Arbeitsweise lässt sich einigermaßen schnell nur durch gezieltes Change Management, Vorleben der Vorgesetzten und eine hohe Akzeptanz der Mitarbeiter verändern. Die Akzeptanz der Mitarbeiter umfasst auch die Notwendigkeit, sich im eigenen Zuhause auf Veränderungen einzulassen und Platz für einen Heimarbeitsplatz zu schaffen. Die notwendige Technik und Büroausstattung sollte meiner Meinung nach vom Arbeitgeber kommen, doch Raum und gewissen „Spielregeln“ bei der Nutzung des Arbeitsplatzes muss jeder Mitarbeiter selber schaffen, um dauerhaft von der neuen „Freiheit“ profitieren zu können.
Grundvoraussetzung für einen gelungenen Restart sind dabei auch die Bereiche IT, Digitalisierung und Internetverfügbarkeit. Softwarelösungen müssen von jedem Ort verfügbar sein und der Zugriff muss vor allen Dingen schnell und sicher erfolgen. Welche Lücken aktuell im Hinblick auf Datensicherheit und -schutz bestehen, kann man sich leicht ausmalen. Insbesondere, wenn für die Arbeit im Home-Office der eigene Laptop oder PC genutzt wird, an dem dann auch die ganze Familie Hausaufgaben macht und abends Videospiele spielt. Und ob so manches genutzte Videokonferenzsystem überhaupt irgendeinem Sicherheitsstandard entspricht, ist ebenfalls häufig unklar. Hinzu kommt die Frage nach erstens der Verfügbarkeit einer schnellen Internetverbindung, als auch zweitens der Frage danach, wer eigentlich die Kosten für die Buchung einer ggf. verfügbaren schnelleren Verbindung trägt.
Last, but not least, komme ich noch auf meine Lieblingsthemen Beschaffung, Supply Chain Management, Logistik und Transport zu sprechen.
Auch hier hapert es mit dem Restart noch in vielen Bereichen. Selbst wenn Sie die oben genannten Punkte alle erfolgreich gelöst haben und im Prinzip produktiver arbeiten könnten als vor der Corona-Krise, gelingt der Restart nicht, wenn Sie Ihre Lieferketten nicht im Griff haben.
Rohstoffe und Zulieferprodukte müssen im Zweifelsfall neu gesourct werden, wenn der Ursprungslieferant aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht in der Lage ist pünktlich zu liefern oder gar aufgrund der Krise wirtschaftlich nicht mehr zur Aufrechterhaltung des Betriebes in der Lage ist. Noch schwieriger wird es, wenn notwendige Materialien und Produkte aus dem Ausland bezogen werden. Auch wenn in einigen Ländern die Entwicklung ebenso positiv verläuft wie in Deutschland, ist dies in vielen Ländern leider noch nicht der Fall.
Wie lässt sich die Supply Chain zudem an die neuen Abnahmebedingungen anpassen. Vielfach müssen Neuverhandlungen mit Transportunternehmen und Warehouse-Dienstleistern geführt werden. Nicht nur wegen sinkender Nachfrage, sondern auch, weil Unternehmen plötzlich mehr Absatz zu verzeichnen haben oder Geschäftsmodelle komplett geändert wurden. Hat das eigene Lager vor der Krise noch ausgereicht, gelangt man jetzt vielleicht an die Kapazitätsgrenze und muss sich nach Alternativen umschauen. Kam der Kunde vorher zu Ihnen, müssen Sie jetzt vielleicht einen Weg finden, wie Ihre Ware schnell und sicher zu Ihren Kunden kommt.
Aber nicht nur kurzfristig gilt es zu reagieren. Auch langfristig sollte man sich über seine Lieferketten Gedanken machen und diese krisensicherer aufstellen. Dabei stellt sich die Frage, ob gerade geänderte Geschäftsmodelle und Absatzmärkte langfristig Bestand haben oder nur der Krise geschuldet kurz belebt oder eingebrochen sind. Hier gilt es strategisch zu agieren und ein zukunftsweisendes Konzept zu erarbeiten.
Um den Restart optimal und positiv zu schaffen, gilt es also noch in vielen Bereichen aktiv zu werden. Weiterhin gilt, dass jede Krise auch die Chance auf Verbesserung bietet. Es erfordert jedoch Mut und Weitsicht um die notwendigen Schritte einzuleiten. In Schockstarre zu verharren und zu hoffen, dass irgendwann alles wieder wie vor der Krise wird, ist nach meiner Erfahrung keine erfolgreiche Strategie. Wir unterstützen Sie selbstverständlich gerne dabei, wenn es gilt die entsprechenden Experten und Berater zu finden, die Ihnen kurzfristig in Form von Interim Management das notwendige Know-how verschaffen oder Sie langfristig als festangestellte Führungskraft auf Ihrem Weg aus der Krise begleiten.
Sprechen Sie mich gerne bei Bedarf an und bleiben Sie bis dahin gesund!
Ihre
Brit Gebhardt