Der Lebenslauf – das unbekannte Wesen
Viele Führungskräfte mit denen ich tagtäglich telefoniere oder im Gespräch zusammensitze haben ein Problem: Sie haben sich seit ihrem Studium oder ihrer Ausbildung nicht mehr bewerben müssen und seit dieser Zeit auch keinen Lebenslauf mehr geschrieben. Entweder haben sie innerhalb eines Unternehmens Karriere gemacht oder sind häufig über einen Headhunter oder Personalberater in eine neue Position gelangt und dieser hat dann ein schönes Profil erstellt.
Doch nicht immer läuft alles wie geplant und nun ist man aus dem einen oder anderen Grund proaktiv auf der Suche nach einer neuen Aufgabenstellung. Doch wie ging das noch einmal mit dem Lebenslauf?! Tabellarisch? Hat man da nicht früher einmal so etwas gelernt? Chronologisch aufgebaut oder doch lieber umgekehrt chronologisch? Muss wirklich alles rein, was man über vielleicht Jahrzehnte so gemacht hat?
Hier daher ein paar Tipps aus meiner Sicht als Personalberaterin:
Persönliche Daten:
Starten Sie mit Ihren persönlichen Daten, also Ihrem vollständigen Namen und Ihren Kontaktdaten. Ob Sie dies um weitere Daten wie Geschlecht, Geburtsdatum, Familienstand und ein Foto ergänzen, bleibt selbstverständlich Ihnen überlassen. Ich persönlich finde auch diese Informationen interessant, einen Einfluss auf die Entscheidung, ob Sie in einem Bewerbungsprozess weiter kommen, haben diese Informationen jedoch nicht. Für mich persönlich gehören Informationen über Namen, Berufstätigkeit und Jahrgang Ihrer Eltern übrigens nicht mehr in den Lebenslauf einer Führungskraft.
Ausbildung:
Listen Sie – beginnend mit Ihrem höchsten Abschluss – Ihre Ausbildung mit dem jeweiligen Abschluss auf. Nennen Sie Universitäten, Fachhochschulen und andere Ausbildungsinstitute mit Namen und ggf. Ort. Nennen Sie ggf. Ihre Studienschwerpunkte oder spezifische Fachbereiche und mit welcher Note Sie abgeschlossen haben. Übrigens, welche Grundschule Sie besucht haben und wie oft Sie welche weiterführende Schule gewechselt haben, ist nur noch bedingt relevant. Der letzte schulische Abschluss ist vollkommen ausreichend.
Berufstätigkeit:
Beginnen Sie in umgekehrter chronologischer Reihenfolge mit einer Auflistung Ihrer bisherigen beruflichen Stationen. Dabei gilt, je länger eine Tätigkeit zurückliegt, desto weniger detailliert muss sie beschrieben werden. Was Sie als Trainee gemacht habe, mag zwar für Ihre berufliche und persönliche Entwicklung prägend gewesen sein, allerdings sind die näherliegenden Erfahrungen in der Regel deutlich relevanter bei der Beurteilung, ob Sie der ideale Bewerber für eine Führungsposition sind. Entsprechend sollten Sie mehr Augenmerk auf Ihre letzte ausgeübte Tätigkeit legen. Dabei geht es nicht nur darum, welche Position Sie innehatten, sondern auch darum, was Sie in dieser Position getan haben (Tätigkeiten) und insbesondere was Sie dabei geleistet haben (Schlüsselerfolge/Key Achievements). Weitere wichtige Informationen sind die Anzahl der Mitarbeiter und/oder Umsatz des Unternehmens für welches Sie gearbeitet haben, ggf. aufgegliedert nach Gesamtkonzern oder Unternehmensteil für den Sie zuständig waren. Wie viele Mitarbeiter waren Ihnen fachlich/disziplinarisch unterstellt, wie viele Direct Reports hatten Sie. Auch die Branchen, in denen Sie tätig waren, sind wichtig jeweils bei den Unternehmensinformationen genannt zu werden. Gibt es Lücken in Ihrer Berufstätigkeit? Seien Sie ehrlich und nennen Sie diese Lücken und die Gründe dafür an der chronologisch richtigen Stelle. Arbeitslosigkeit ist keine Schande und trifft im Zweifelsfall jeden irgendwann einmal.
Weiterbildung:
Nennen Sie relevante Weiterbildungsmaßnahmen und ggf. erlangte Abschlüsse oder Zertifikate. Auch hier gilt wieder, je länger eine Weiterbildungsmaßnahme zurückliegt, desto weniger wichtig ist die Nennung bzw. der Detailgrad der angegebenen Informationen. Ob Sie kurz nach der Ausbildung einen Kurs in C++ Programmierung belegt haben, ist für Ihre aktuelle Bewerbung wahrscheinlich eher weniger relevant.
Sprachkenntnisse:
Nennen Sie alle relevanten Sprachen, die Sie mindestens konversationssicher beherrschen. Klassifizieren Sie Ihre Sprachkenntnisse dabei nach Muttersprache, Vertragssicher, Verhandlungssicher und Konversationssicher. Ob Sie Grundkenntnisse in einer Sprache haben, sprich sich in einem anderen Land der Welt im Restaurant etwas bestellen können und Hallo und Vielen Dank beherrschen, ist für eine Beurteilung Ihrer Eignung als Bewerber wenig relevant.
Weitere Kenntnisse:
Welche weiteren Kenntnisse besitzen Sie, die für die angestrebte Position relevant sein könnten? Gibt es IT-Kenntnisse, die in Ihrem Bereich immer wieder wichtig sind, brauchen Sie einen bestimmten Führerschein oder gibt es Standards, die Sie beherrschen? Nennen Sie auch hier alle relevanten Kenntnisse, aber listen Sie nicht jede Kleinigkeit auf. Ich beispielsweise habe einen Sportseeschifferschein, der sicherlich einiges an Lernen erfordert hat, für meine berufliche Zukunft als Personalberaterin jedoch völlig irrelevant ist.
Hobbies und Sonstiges:
Welche Hobbies Sie haben, ob Sie sozial engagiert sind oder Ehrenämter bekleiden sind Informationen, die etwas über Sie als Mensch aussagen und durchaus in einem Lebenslauf Erwähnung finden dürfen. Allerdings haben auch diese Informationen in der Regel keinen Einfluss auf die Beurteilung, ob Sie der perfekte Bewerber für eine Position sind.
Verfügbarkeit, Mobilität, Wechselmotivation und Gehaltsvorstellung:
Sehr wichtige Informationen, die Sie jedoch nicht unbedingt im Lebenslauf nennen müssen sondern auch in einem gesonderten Motivations-/Bewerbungsschreiben unterbringen können.
Design und Form:
Es gibt zahllose Design- und Formatvorlagen für Lebensläufe im Internet zu finden. Welches Design Ihre Persönlichkeit am besten widerspiegelt, können am Ende nur Sie entscheiden. Am Ende sollte meiner Meinung nach das Design des Lebenslaufs nicht zu sehr von den Inhalten ablenken und einen schnellen Überblick auf alle relevanten Informationen bieten. Eine klare Form und einheitliche Struktur sollte in jedem Fall eingehalten werden, um keinen Raum für Missverständnisse zu bieten.
Motivations-/Bewerbungsschreiben:
Ich finde ein separates Schreiben bezogen auf die aktuell ausgeschriebene Stelle sehr wichtig. Es zeigt mir, wie intensiv sich ein Bewerber mit der ausgeschriebenen Stelle beschäftigt hat. Geht er auf die geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten ein? Überlegt er sich vielleicht bereits jetzt, welchen „Mehrwert“ er dem Unternehmen durch seine Erfahrungen bieten kann? Oder handelt es sich um ein Standardschreiben, welches einige Anforderungen aus der Stellenbeschreibung völlig ignoriert und manchmal sogar noch den falschen Namen des Ansprechpartners enthält. Nehmen Sie sich also für jede Bewerbung ein wenig Zeit und schreiben Sie ein individuelles Anschreiben.
Diese Tipps spiegeln lediglich meine eigene Meinung zum Thema Lebenslauf wider und können sich von den Ansichten anderer Personaler deutlich unterscheiden. Sie sind daher leider auch keine Garantie dafür, dass Sie bei Ihrer nächsten Bewerbung schnell zu einem Interview eingeladen werden. Ich glaube jedoch, dass Sie der Personalabteilung und/oder dem Personalberater aber in jedem Fall die Entscheidung erleichtern und diese – egal ob positiv oder negativ – entsprechend schneller mitgeteilt bekommen.
Ihre
Brit Gebhardt
Gerne senden wir Ihnen einen Muster-CV zu, der die oben genannten Elemente berücksichtigt.
PS: Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit ist hier hauptsächlich von Bewerbern, Kandidaten oder Personalberatern etc. Gemeint sind natürlich auch immer Bewerberinnen, Kandidatinnen und Personalberaterinnen etc.